Fichtenzeisig

Bilder von Nitschky Germann Jörg, Büttelborn

Der Fichtenzeisig  ( Spinus pinus )


von Jörg Nitschky-Germann


Erfahrungsbericht

Eine graue Maus unter den ansonsten sehr farbenprächtigen Zeisigarten ist der Fichtenzeisig. In seiner schlichten Färbung dürfte auch der Hauptgrund dafür liegen, dass dieser Vogel bisher nicht häufig in den Volieren von Züchtern anzutreffen war. Zudem gelangten in den vergangenen Jahren kaum Importe nach Europa.
Meine ersten Fichtenzeisige habe ich Mitte der 80er Jahre gesehen. als mich der damalige Vorsitzende des ICC, Franz-Theo Büchter bat, ihm von der Fa. Zettler in Mannheim zwei Paare dieser Vögel abzuholen, die er dort reseviert hatte. Ich fuhr hin, sah diese unspektakulär schlichten Tiere und nahm sie mit. Es waren Wildfänge, die ich bei mir in einem kleinen Flug von etwa 1,20m in meiner damaligen Wohnung untergebracht habe. Erstaunlicherweise waren die vier absolut ruhig. Ihre Zutraulichkeit und ihre Neugierde haben mich sofort begeistert, so dass ich damals schon daran dachte, diese Tiere für mich zu behalten. Aber leider waren sie ver-sprochen.

Anfang der 90er Jahre erhielt ich dann nochmals mehrere Tiere, die ich aber aus Platzmangel und wegen meines bevorstehenden Umzuges wieder abgeben mußte.
Einige Jahre später bekam ich dann endlich Nachzuchten von einem dänischen Züchterkollegen. Es waren zwei Paare von denen ich eines im Frühjahr 2000 wieder abgegeben  habe und hoffte mit dem zweiten zu züchten. Normalerweise hätte ich zu dieser Zeit keine Vögel abgebenen, aber....
Ich erhielt einen Anruf aus Frankreich von Jacques Faivre, einem guten altenFreund, der mich um einen Gefallen für ein Filmprojekt bat. Er sollte für einennoch zu drehenden Film noramerikanische Vögel besorgen. Ich sagte ihm meine Hilfe zu und bekam kurz darauf Besuch von Jacques und Jean Philippe Varin, die noch am gleichen Tage mit meinen Fichtenzeisigen, einigen Kardinälen, Farbfinken und Kernknackern abreisten. Diese Vögel waren als Statisten in dem Film "Nomaden der Lüfte" eingeplant. Herr Varin war zwar im Abspann des Filmes genannt, aber von all den Vögeln, habe ich im Film keine gesehen. Le peuple migrateur, so der Titel im Original, ist trotzdem sehenswert.

Erst im Jahr 2000 kam ein größerer Import aus Mexico nach Deutschland. Das Vogelhaus  Bürstadt, die Fa. Ofenloch, bot erstmals seit langer Zeit wieder Fichtenzeisige an. Diese Tiere waren, als ich sie zu sehen bekam, in gutem Zustand und waren in einem großen Eingewöhnungsraum unter-gebracht. Von diesen Tieren, die zur Unterart Macropterus gehörten, erwarb ich 11 Exemplare.
Diese Unterart hat ihr Verbreitungsgebiet in Mexico, von Baja California im Norden bis nach Chiapas im Süden.
Weiter südlich bis hinunter nach Guatemala ist die Unterart" perplexus" beheimatet. Von dieser Unterart wird in der Literatur behauptet, sie würde sich mit dem Guatemalazeisig vermischen ( Finches and Sparrows- Clement, Harris,Davis ). Im Norden,den USA, Kanada bis hinauf nach Alaska ist die Heimat der Nominatform.
Hier in Europa gibt es außer der genannten Unterart macropterus auch noch einige Exemplare der Nominatform. Ich habe sie erst kürzlich bei einem französischen Züchter gesehen, der einige Tiere aus Kanada importiert hat. Dieser Züchter hat zwei Unterarten des Fichtenzeisiges und züchtet beide mit gutem Erfolg schon seit Jahren. Hier hatte ich die Möglichkeit beide Arten zu vergleichen, Unterschiede zwischen ihnen herauszufinden, aber auch die Unterschiede zwischen den Geschlechtern zu erkennen.

Spinus pinus macropterus ist von bräunlicher Grundfarbe. Der Oberkopf und der Rücken sind grau-braun mit einer rötlichenbraunen bis schwarzenbraunen Strichelung. Kehle, Brust und Bauch sind weiß bis beige und ebenfalls kräftig gestrichelt. Das Schwanzgefieder sowie die Flügel sind oberseits schwarzbraun, auf der Unterseite hellbeige oder weiß. Die äußeren Schwanzfedern wie auch die Flügelbinden sind gelb.

Spinus pinus pinus ist die grauere der mir bekannten Unterarten. Die Vögel sehen Erlenzeisigweibchen sehr ähnlich. Allerdings fehlt jegliches grün im Gefieder.
Auch ist bei der Nominatform das Gelb in den Flügeln und am Schwanz nicht so stark ausgeprägt wie bei macropterus.
Mit einiger Übung lassen sich auch die Geschlechter unterscheiden:
Weibchen haben einer grobere Strichelung als die Männchen. Die dunklere Strichelung auf der Brust und an den Flanken setzt sich stärker vom hellen Untergrundgefieder ab, während die Strichelung der Männchen etwas feiner ist und sich weniger stark vom Untergefieder absetzt, so dass die Strichelung einen verwaschenen Eindruck macht.

Die Wildfänge, die ich 2000 erworben hatte, wurden bei mir im Zuchtraum erst einmal in einer seperaten Box von ca. 1,5 Kubikmetern untergebracht. Diese Box war mit Zeitung ausgelegt und mit Kiefernzweigen ausgestattet. Obwohl die Vögel nach Angaben des Händlers bereits gegen Kokzidien behandelt wurden, habe ich nochmals für zwei Tage Baycox (1ml auf 1l Wasser ) gegeben. Mit den Mexikozeisígen, die ich zur gleichen Zeit erwarb, habe ich genauso verfahren und hatte bei beiden Arten keine Verluste. Im Nachhinein habe ich von vielen Züchtern gehört, die große Verluste sowohl bei den Mexicoals auch bei den Fichtenzeisigen hatten, die aus dem gleichen Import stammten. Ich führe dies auf eine unsachgemäße Eingewöhnung zurück.

Die 11 von mir erworbenen Tiere verblieben ca. 2 Wochen in der kl. Box, wo sie nur Futter ( Blattner Zeisig 1a ) und Wasser erhielten, sowie ein Sans-Gritgemisch in einem seperaten Napf. Erst nach und nach habe ich etwas Grünfutter gegeben, hauptsächlich Löwenzahnblätter. Sechs dieser Tiere habe ich zusammen mit einigen Mexikozeisigen dann meinem Zuchtkollegen Jürgen Franz weitergegeben, so dass schließlich ich noch drei Paare hatte. Ein Zuchtweibchen war zwischenzeitlich eingegangen. Der letzte Nachzuchthahn überwinterte mit meinen Bartzeisigen in der Freivoliere, die anderen 5 Fichtenzeisige verblieben im Zuchtraum bei ca. 15 Grad und 10 Std. Beleuchtung.

Zum Ende des Winters hoffte ich, dass sich die Tiere jetzt verpaaren würden, aber es war noch keinerlei Paarbildung zu erkennen. So habe ich dann als die Temperaturen angemessen warenein Paar in die Freivoliere gesetzt, den Hahn aus der Freivoliere mit einer Henne aus dem Zuchtraum verpaart und das übrige Paar in eine Zuchtbox gesetzt. Kurz gesagt, das war ein Flop. Nur das Paar in der Freivoliere hatte gebaut, aber das Gelege war nicht befruchtet. So hatte ich im Jahr 2001 nur einige Bart- u. Schwarzbrustzeisige als Nachzuchten.

Zum Ende dieser Zuchtsaison habe ich dann alle Tiere in die Freivoliere gesetzt wo Bart-, Schwarzbrust- u. Fichtenzeisige auch überwintert haben. und der Winter 2001/2002 war auch im Rhein-Main-gebiet außerge-wöhnlich hart mit viel Schnee und extremen Frostnächten. Normalerweise hätte ich nie daran gedacht so exotische Vögel wie die Fichten-u. Schwarzbrustzeísige aus Mexiko solchen Frostnächten auszusetzen, aber ein Foto von einem Schwarzbrustzeisig im Schnee sowie die Aussage eines Züchters aus dem Saarland, dass diese Vögel absolut winterhart sind, haben mich überzeugt. Und ich muß sagen, dass keiner meiner Vögel den Eindruck gemacht hat zu leiden - im Gegensatz haben sie mit Wonne im Schnee gebadet! Zu dieser Zeit habe ich natürlich mehr Futter als sonst üblich gegeben, um den hohen Energirbedarf zu decken. Ende Januar, als der schlimmste Frost vorüber war, begannen die Hähne intensiver zu singen, und ich konnte dann auch schon erkennen, dass sich zwei Paare gefunden hatten. Das übrige Paar, die Mexikozeisige und meine Bartzeisige hatte ich zwischenzeitlich abgegeben, so dass ich 2002 nur mit je zwei Paaren Fichten- u. Schwarzbrustzeisigen züchten konnte, was sich im nachhinein als positiv erwiesen hat.

Anfang April habe ich also meine Paare eingesetzt. Paar 1 in den Zuchtraum, Paar 2 in die Freivoliere. Beide Paare begannen sofort mit dem Nestbau, aber nur die Vögel in der Freivoliere brachten auch einvernünftiges Nest zustande. Der Hahn in der Box war offensichtlich so stark im Trieb, dass er ständig wieder das Nest zerstörte und mit Nistmaterial im Schnabel die Henne durch die Box jagte.Letztendlich kam es im Zuchtraum doch zum Bau eines labilen Nestes auf dem Kaisernest, dass der Hah, der im systematisch von unten zerfledderte. Somit war hier das erste Gelege verloren und ich hoffte auf ein neues. Das Paar in der Freivoliere hatte aus Sisalfasern, Watte,Scharpie und vertrockneter Vogelmiere ein schönes solides Nest gebaut und am 6. April drei Eier im Nest, die ausschliesslich vom Weibchen bebrütet wurden. Die Henne hat das Nest nur zum Trinken oder zur Kotabgabe verlassen und kaum selbst gefressen. Der Hahn hat unermüdlich Futter beschafft und die Henne am Nest versorgt. Nach dreizehn Tagen schlüpfte das erste Junge, die beiden anderen einen bzw. zwei Tage später. Ich hatte die Eier also nicht ausgetauscht und damit einen normalen Brutverlauf. Die Jungen wurden anfangs nur von der Henne gefüttert, später auch vom Hahn direkt.

Zur Fütterung während der Zuchtvorbereitung und der Aufzucht:


Das Grundfutter besteht aus Blattner's Zeisig 1a, dazu gebe ich zur freien Aufnahme noch kleinkörnige Kiefernsaat. Gekeimte Negersaat in aus-reichender Menge gebe ich in einer länglichen Plastikschal, die an den Volierendraht gehängt wird. Um zu vermeiden, dass über den Tag die gekeimte Saat vertrocknet, kommt unter das Keimfutter eine Schicht Ei-futter, hier gebe ich "Holland Cova", dass von den Zeisigen gerne gefressen wird. In diesem Jahr  hatte ich auch das Glück, dass jede Menge Vogelmiere in der Nähe wuchs. Erstaunlicherweise haben die Fichtenzeisige fast nur die Blätter der Vogelmiere und so gut wie keine Samenkapseln gefressen und verfüttert. Dazu gab es Löwenzahnblätter und frischreife Löwenzahnsamen.

Die Jungen Fichtenzeisige wuchsen recht schnell heran und verließen im Alter von etwa 13 Tagen das Nest, früher als ich es von anderen Zeisigarten kenne. Bereits zwei Tage nach dem Ausfliegen, fingen die Jungvögelan sich intensiv für ihre Umgebung zu interessieren und beknabberten schon das angebotene Grünfutter.

Während das Weibchen schnell nach dem Ausfliegen der Jungen ein zweites Mal legte, übernahm das Männchen die weitere Versorgung  bis zum selbstständig werden. Bei jungen Fichtenzeisigen geht offentsichtlich alles etwas schneller, so dass die Jungtiere im Alter von 25 Tagen schon nicht mehr gefüttert wurden und nur noch sporadisch die Alttiere anbettelten, die aber nicht mehr darauf reagierten und trotz der ausgeschlüpften zweiten Brut noch in der Voliere duldeten.

Beschreibung der Jungtiere:

Mir fiel auf, dss die Jungtiere unterschiedlich gestrichelt ware, es gab Junge mit einer sehr groben grau-schwarz Strichelung auf hellbeigem Untergefieder und Junge mit feiner Strichelung un einem gelblichen Bauch. Hier bin ich der Meinung, dass dies junge Männchen waren, während die Vögel ohne gelblichen Bauch offensichtlich zu Weibchen vermauserten. Oberseits waren die Jungen dunkel mit schwarzer Strichelung und geringem Braunanteil im Gefieder. Der braune Farbton kam erst nach der Jugendmauser. Jetzt allerdings habe ich das Problem, die Geschlechter zu unterscheiden, denn leider habe ich die Tiere nicht mit Farbringen ver-sehen, so dass ich die Entwicklung von einzelnen Exemplaren nicht so gut nachvollziehen konnte. Frisch vermauserte Jungvögel lassen sich leider nicht so gut unterscheiden, wie ältere Vögel.

Zwei Bruten mit insgesamt sechs Jungen  in der Freivoliere und leider nur eine Brut mit drei Jungen im Innenraum wurden aufgezogen. Eine weitere Brut in der Freivoliere ging bei sehr großer Hitze ein, so dass jetzt nach der Mauser neun junge Fichtenzeisige zusammen mit den anderen Zeisigarten die Voliere bevölkern.

Das Futter zur Zeit besteht aus Blattner's Zeisig 1a als Grundfutter, dazu kommt seperat kleinkörnige Kiefernsaat und ein Gemisch aus Tanne, Kiefer, Fichte und Lärche. Keimfutter und Eifutter gibt es nach der Brutzeit nicht mehr, aber dafür jede Menge Nachtkerze, Beifuß, Rainfarn, Weg-warte, Wegerauke, Karde und Brennessel. Kleinkörnige Sonnenblumen werden begeistert zerlegt, auch gestochener Löwenzahn wird komplett mit der Wurzel gefressen. Ergänzend zum Futter gibt es Taubenstein, Vogelerde, Grit und Sepia.

Dieses Jahr habe ich erstmals, wie viele andere auch, die angebliche Wundersaat Foniopaddy angeboten. Diese Saat soll Kokzidiose vor-beugend wirken. Wäre dem so, würde mit Ergebnissen aus klinischen Tests geworben. Die Tiere nehmen es auf, aber leider konnte ich die erwünschte Wirkung nicht sehen, einzelne Vögel zeigten Anzeichen einer Erkrankung, so dass ich doch behandeln mußte.

Zusammenfassend kann ich sagen, dass der Fichtenzeisig ein sehr angenehmer friedlicher Vogel ist, nicht sehr anspruchsvoll in der Haltung, aber sehr interessant zu beobachten und wenn sich ein harmonisierendes Paar gefunden hat auch gut züchtet.