Schwarzkinn- oder Waldgirlitz

Bilder von Paul Horch, Hanau

 

Der Schwarzkinn- oder Waldgirlitz


Dendrospiza scotops, von Paul Horch

 
Wir waren noch ein kleiner Kreis  von Liebhabern, die sich regelmäßig in Seligenstadt zum ICC Stammtisch trafen. Abwechselnd berichtete einer von uns über eine Vogelart, die er pflegte. So war auch die Reihe an Heinz Keller, Froschhausen und er berichtete über den Waldgirlitz, eine Vogelart, die ich bisher nicht kannte. Ich war so begeistert von dem Bericht und den gezeigten Dias, dass ich mich näher mit dieser Vogelart beschäftigte. Inder der Literatur fand ich nicht viel über diesen Vogel zu Haltung und Zucht. In dem Buch Girlitze, Biologie, Haltung und Pflege von Dr. Renate van den Elzen, sind einige grundlegende Hineise zu finden.
Die sehr treffende Beschreibung  des Vogels darf ich daher wüörtlcih aus dem Buch zitieren:

" Größe 13,5 cm. Von derber Statur, Männchen und Weibchen verschieden. Moosgrün, Kopf und Rücken kräftig gestreift. Brust gelblich, fein gestreift. Hahn mit schwarzem Kinnfleck über dem gelben Kehlsack. Weibchen mit grauem, gestreiften Kinn. Jungtiere wie Weibchen, nur bräunlicher und unregelmäßiger gestreift. Der Gesang besteht aus schnellen, schwirrenden Strophen. Guter Sänger."

Heimat und Lebensraum

Der Waldgirlitz ist in Südafrika, in der Kapprovinz, Transkei, Natal und Transvaal zu Hause. Er ist in diesem tropischen Klima ein Waldbewohner und brütet in Büschen und Bäumen.

Erwerb

Nachdem ich nun mein Wissen noch ein wenig erweitert hatte, erwarb ich meineersten Waldgirlitze von Heinz Keller aus dessen Nachzucht. Im Laufe der Jahre habe ich feststellen müssen, dass es offentsichtlich nur wenige Züchter von Waldgirlitzen gibt. So das es mir dringend angezeigt erscheint, dass sich die wenigen Züchter Gedanken machen, wie sie diese Art in Liebhaberhand weiter erhalten können. Mit der Einfuhr von Wildfängen ist nach meiner Erfahrung kaum noch  zu rechnen.

Unterbringung und Futter

Bevor ich die Neuen holte bereitete ich einen Flugkäfig von 2m Länge , 80 cm Höhe und 45 cm Tiefe für die Unterbringung vor. Mein Vogelraum ist im Kellergeschoß und hat konstant 20°C und eine Luftfeuchtigkeit von 60%. Mit Tageslichtröhren wird der Raum 14 Stunden am Tag beleuchtet. Meine Neuerwerbung stammten ja aus der Nachzucht, so dass ich keinerlei Eingewöhnungsprobleme hatte.

Mein Futter beziehe ich von Mathias Blattner  aus Oberstdorf. Für die Waldgirlitze stelle ich mir mein Futter selbst zusammen.
Dazu nehme ich 1 Waldvogelfutter, 1 Teil Girlitzfutter bestehend aus Chicoree, Nachtkerze, Silber-, Japan-, La Plata- u. Mannhirse, geschältem Sesam, Glanz und Fichtensamen. Dazu gibt es täglich Grünfutter je nach Jahreszeit Vogelmiere, jungen Löwenzahn oder Chicoreeblätter. Den Chicoree kaufe ich Gemüseladen und stelle die "Kolben" einige Tage ins Wasser, damit die Blätter schön grün werden.
Im Garten sähe ich jedes Jahr verschiedene Hirsesorten. Die halbreife Hirse wird  geerntet und tiefgefroren - am besten portionsweise in verschlossenen Folienbeuteln.

Zur Vorbereitung der Zucht gebe ich Keimfutter, bis das erste Ei gelegt ist, dann setze ich das Keimfutter für die Dauer der Brut ab und gebe es erst wieder nach dem Schlupf der Jungen. Ich meine, das dadurch ein überhöhter Bruttrieb vermieden wird, was insbesondere für das Männchen wichtig ist.
Ich biete auch Apfelstückchen an, von denen gelegentlich auch etwas aufgenommen wird.Ein gutes Zuatzfutter sind nach meiner Meinung Löwenzahnköpfe. Im Frühjahr sammele ich Löwenzahn, was in Gesellschaft mit anderen Züchtern natürlich auch erlebnissreich ist. Die Löwenzahnköpfe müssen noch geschlossen sein, aber die gelbe Blüte muß schon abgefallen sein. Die weißen Papi sind schon sichtbar. Mit der Schere schneide ich dann zu Hause so ab, dass nur die Tellerchen mit den halbreifen Samenkörnern übrig bleibt. Diesen Teil der Blüte friere ich ein. Wenn die Vögel das Futter erst einmal kennen, bleibt kein Körnchen übrig. Ganz wichtig ist natürlich, dass an der Sammelstelle oder in der Nähe nicht gespritzt wurde.
Das Trink- und Badewasser gebe ich nach Möglichkeit zweimal täglich und verwende nur Leitungswasser, das  einen Tag abgestanden hat. In der Zuchtvorbereitung gebe ich alle drei Tage ein Multivitamin in das Wasser und danach einmal wöchentlich. In jeder zweiten Woche gebe ich für zwei Tage " Knoblauchwasser". Der Saft einer ausgepressten Knoblauchzehe wird in das Trinkwasser gegeben.
Ständig stehen meinen Vögeln an Mineralien zur Verfügung: Vitakalk,Bogena Taubengrit, Eierschalen, die durch Erhitzung im Backofen keimfrei gemacht werden, Muschelkalk und Seetang.

Zucht:

Nach der Gewöhnung an die neue Umgebung und bei der bereits beschriebenen Pflege, konnte ich alsbald beobachten, wie sich die Vögel im Käfig "jagten" und auch gegenseitig fütterten. In dieser Phase konnte ich beobachten, dass das Männchen oft seine Flügel fächerartig spreizte, offensichtlich handelte es sich um ein Imponiergehabe. Ich  verwendete jetzt jede freie Minute für die Beobachtung der Vögel. Ich gelangte zu der Überzeugung, dass ich bis jetzt alles richtig gemacht hatte und entschloß´mich ein offenes Nest anzubieten.
Von außen brachte ich an gleicher Stelle einen Fichtenzweig als Sicht-schutz an. Als Nistmaterial bot ich Scharpie, Kokos- und Sisalfasern, sowie trockenes Moos an. Es war jetzt Anfang November.
Schon einen Tag nach Anbringung des Nestes, konnte ich beobachten, dass mit dem Nestbau begonnen wurde. Nach sieben Tagen wurde das erste Ei gelegt. Ganz vorsichtig tauschte ich das Ei gegen ein Kunststoffei aus. Diesen Austausch nahm ich auch beim zweiten und dritten Ei vor. Als das vierte Ei gelegt war, nahm ich die Kunststoffeier aus dem Nest und legte die "echten " zurück. Das Weibchen begann auch mit der Brut, nur störte mich, dass der Hahn das Weibchen nach verlassen des Nestes zu sehr jagte. Meine Käfige habe ich mir so gebaut, dass ich in der Mitte einen Rennschieber einbringen kann. Ich entschloß mich also einen "undurchsichtigen" Trennschieber einzuschieben und den Hahn vom Weibchen zu trennen.
Während der Brut nahm das Weibchen kein Grün- u. Keimfutter auf. Auch konnte ich sehen, dass es nicht badete. Es fiel mir auf, dass überhaupt wenig Futter aufgenommen wurde.
Für mich war jetzt die viel zu lange Geduldsphase bis zum 13. Bebrütungstag. Ich wartete, bis das Weibchen das Nest verließ und schaute vorsichtig mit hilfe eines Taschenspiegels von außen in das Nest. Die Freude war groß, ich konnte zwei Jungvögel feststellen. am darauf-folgenden Tag nahm ich wieder die vorsichtige Kontrolle vor und war sehr erfreut, dass nun alle vier Jungen da waren.
Das Weibchen nahm nun wieder Keimfutter und Chicoree auf. Von dem angebotenen Apfel wurde auch etwas abgepickt. In den ersten vier Tagen konnte ich beobachten, dass das Weibchen singend das Nest verließ. Vielleicht waren es die Mutterfreuden. Das noch immer abgetrennte Männchen erwiderte den Gesang. Dieses Verhalten konnte ich danach in der gesamten Aufzuchtphase nicht mehr beobachten.
Alsbald konnte ich auch deutlich die Bettlaute der Jungen hören. Am 6. Lebenstag habe ich die Jungen mit 2,7 mm - Ringen beringt. Bei einer Nachkontrolle am 8. Tag stellte ich fest, dass bei einem Jungen der Ring fehlte. Ich konnte ohne Schwierigkeiten einen anderen Ring aufziehen. Bis zum 11. Lebenstag wurden die jungen gehudert.
Seit Brutbeginn waren ca. 4 Wochen vergangen, als das Weibchen erstmals wieder badete. Von nun an konnte ich auch für das Weibchen typischen Balz- und Duckbewegungen beobachten. Nach einer weiteren Woche tauschte ich den Holztrennschieber gegen einen Gitterschieber aus. Nun konnten sich Männchen und Weibchen wieder sehen. Es dauerte auch nicht lange und sie fütterten sich gegenseitig durch das Gitter.
Die Jungen waren nun so weit, dass sie sich die Zeit mit Flügelbeweg-ungen zur Stärkung der Flugmuskeln vertrieben. Bei diesen Übungen muß wohl das kleinste über Bord gegangen sein. Erfahrungsgemäß wußte ich, wenn ich das Junge in das Nest zurückgebe, verlassen alle das Nest.. Aus diesem Grunde unternahm ich nichts. Das Weibchen versorgte das rausgeflogene Junge genauso wie die im Nest verbliebenen Jungen. Das Weibchen nahm nun auch wieder die ständig angebotene rote Kolbenhirse auf. Es dauerte nur einen Tag und die anderen drei Jungen verließen auch das Nest. Sie konnten allerdings etwas besser fliegen als das zuerst ausgeflogene. Angebotene Gurkenscheiben blieben unberührt. Nur ein Junges pickte einmal daran. Etwa sechs Wochen nach Brutbeginn saß das Weibchen mit allen vier Jungen auf einem Zweig. Es war wunder-schön anzusehen. Wenn die Jungen an das Trenngitter flogen, wurden sie auch vom Männchen gefüttert. Ich dachte,dass nun nichts mehr schief gehen kann und entfernte den Trennschieber. Die ganze Familie war nun vereint. Aber das Männchen scheuchte die Jungen sehr, so dass ich mich entschloß, den Trennschieber wieder einzuschieben.
Ein paar Tage ging alles gut, aber dann lag das kleinste Junge tot am Boden. Irgendwelche äußere Ursachen konnte ich nicht feststellen. Am Unterleib waren die Federn gerupft. Die anderen drei jungen waren wohl-auf. Nur konnte ich sehen, dass auch hier das Weibchen versuchte  Federn zu rupfen. Ich entschloß mich zur Herausnahme der Jungen. Ich brachte alle drei zusammen in einen anderen  Käfig und nahm gleichzeitig den Trennschieber im Zuchtkäfig heraus, so dass nun das Paar wieder zusammen war.
Das Verhalten des Mänchens gegenüber dem Weibchen war außerordenlich aggressiv. Es schleppte Nistmaterial zum Nest, was promt vom Weibchen wieder herausgeworfen wurde. Die ersten beiden Eier lagen zerbrochen im Nest. Zwei weitere Eier wurden am Boden abgelegt. Hatte ich vielleicht einen Futterfehler gemacht und waren die Vögel "überhitzt" ? Die nächste Brut ging etwas weiter. Es schlüpften zwei Junge, die aber nach ein paar Tagen ohne erkennbaren Grund nicht mehr gefüttert wurden. Ich arbeite meine ganzen Aufzeichnungen durch und konnte nichts feststellen, was ich anders gemacht hätte als bei der ersten Brut.
Ich entschloß mich am Nest eine Veränderung vorzunehmen. Ich nahm das Nest weg und brachte an gleicher Stelle ein Kaisernest mit einer Kokoseinlage an. In einer Raufe bot ich Scharpie und auf dem Käfigboden eine geringe Menge Kokosfasern an. Das Weibchen baute sofort ein schönes Nest. Ich machte alles wie bei der ersten Brut, nur war ich noch vorsichtiger. Ich hatte drei Junge im Nest. Beim Beringen wartete ich, bis das Weibchen wieder zum Nest flog. Es fütterte die Jungen ganz normal und ich wußte, dass es diese Störung nicht überl genommen hatte. Die Zuchtperiode konnte ich nun mit 6 Jungen auf der Stange abschließen.

Haltung:

Die Jungen hielt ich zunächst in einem 120 cm langen Käfig. Sie erhielten das eingangs beschriebene Futter. Im Frühjahr, als die Nächte nicht mehr so kalt waren, brachte ich die ganze Waldgirlitzfamilie in die Gartenvoliere, wo sie den Sommer verbrachten. Im Herbst hole ich dann die Vögel wieder ins Haus, um aufs neue mein Glück zu versuchen. Die Gartenvoliere ist an drei Seiten geschlossen und überdacht. Leider habe ich in dem Gartengelände am Stadtrand ein Problem. Es gibt verwilderte Katzen in größerer Stückzahl und leider werden es jedes Jahr mehr. Meine Gartenvoliere ist "Katzensicher ", aber die Vögel werden durch den Katzenbesuch sehr erregt und die Unfallgefahr ist groß. Ich habe nach fachlicher Beratung mir ein Weidezaungerät gekauft und eine entsprechende Installation um und über der Voliere vorgenommen.  Wenn die Katzen mit dem Strom in Berührung kommen, ist dies für sie nicht lebensgefährlich. Diesen Kontakt merken sie sich offentsichtlich für alle Zeiten und meiden den Bereich für immer. Die Gartenvoliere statte ich regelmäßig mit entsprechenden Grünzeug aus und habe meine Freude, die Vögel in dieser Umgebung zu beobachten.

Ich weiß, das mein Zuchtbericht sehr ausführlich ist. Ich wollte bewußt keine " Geheimnisse " für mich behalten, weil ich gern möchte, dass noch andere Liebhaber angeregt werden, diesen schönen Girlitz zu halten.